CF.: Altes Haus (Wald)

Cyders einsame Gestalt glitt über den nächtlichen Himmel. Über dem Adler die vorgegaukelte Nacht und dahinter die gläserne Kuppel, unter ihm die Brandung mit dem tiefem, schwarzem Wasser. Die Insel. Das Gefängnis was zu einem keines ist und zum anderem doch schon. Wie sollte man hier raus?
Cyder setzte zum Sinkflug an. War da etwas? Da glitzerte etwas im dunklem Meer. Da wieder. ein einsamer Lachs tauchte auf. Gute Beute. Ehe man sich versah, stürzte dieses Wesen, mit angelegten Flügeln, hinab in die tiefe. Kurz bevor der König der Lüfte auf der gläsernen, schwarzen Fläche aufschlug, spannte er seine mächtigen schwingen und die langen, dornenspitzen Fänge umschlossen die glitzernde Gestalt und bohrten sich in dessen Fleisch. Mit wenigen Flügelschlägen war Cyder wieder in der Luft, die Beute fest in den Fängen eingeschlossen. Die geberstete Wasserfläche beruhigte sich schnell und bildete einen zu tiefen Spiegel, aus dessen Bildfläche Cyder verschwand.

Schnell war die köstliche beute größtenteils verschlungen und Cyder ruhte sich aus. Die erinnerungen der vergangenen stunden strichen ihm durch den Kopf. Yuna würde er schon wiedersehen. Sie schien ihm ebenso freiheitsbedürftig wie er selber. Er würde hier schon noch raus kommen

Verlassen schlenderte Toco über den dunklen Sand, der sich von den bedrohlich wirkenden Felsen und den schwarzen Wellen des Meeres kaum unterschied. Eine Brise der salzigen Meeresluft fand ihren Weg in seine Nase und kitzelte diese, ehe er sie wieder mit einem heftigen Niesen wieder zu ihresgleichen beförderte. Eine zu erwartende Reaktion, schließlich konnte der Rothaarige salzige Gerüche noch nie ausstehen. Dennoch würde er nicht von hier weggehen, denn dieser Ort schien so befreiend und übte eine, ja man konnte schon fast sagen magische Anziehungskraft auf ihn aus. Kein Wunder, hier hatte man seine Ruhe und den perfekten Blick auf die Sterne, die sich über das nächtliche Firmament erstreckten. Eigentlich war es genau der Ausblick, den man auch von den Hügeln am Rande New Yorks hatte. Es war der Ort, an dem er seine Fähigkeiten bekommen hatte. Tränen musste er zurückhalten, als seine Gedanken zu jener Nacht zurückwanderten. Drei Jahre war es nun schon her, dass er diese erstaunlichen Kräfte in sich trug, obwohl es ihm wie eine Ewigkeit vorkam. Gerade als die ersten Tränen im Begriff waren über seine rot glühenden Wangen zu rollen, flog direkt vor seinen Augen ein Vogel vorbei, eine Art Adler oder so. Zumindest dachte er das, schließlich kannte der Junge sich nicht mit Vögeln aus. Allerdings hatte dieser Vogel etwas getan, was Toco nicht sonderlich überraschte. Er hatte sich einen Fisch geschnappt und diesen anschließend ohne jegliche Reue ein Leben auszulöschen gefressen. Aber warum sollte er auch Reue zeigen, der Fisch war ja nur ein Mittel zum Zweck, nämlich zum Überleben.

Mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen setzte er sich in den kühlen Sand, die Beine nach vorne ausgestreckt und die Arme hinter dem Rücken, um sich abzustützen. Sein Blick folgte dem Vogel und er fragte sich, wie dieser überhaupt hierher gekommen ist, schließlich befand er sich hier unter einer riesigen Kuppel aus Glas.

Cyder begann nach einer weile den letzten Rest des Lachses zu essen und bemerkte kurz darauf einen Jungen, der näher kam. Der Adler setzte sich auf den Kopf der beute, das einzige was bis auf haut und Greten noch übrig war. Der große Vogel streckte sich und beobachtete den Jungen neugierig. Er schien nachzudenken und Cyder zu beobachten. Komischer junge ... dachte Cyder und plusterte sich auf.

wie komisch es wohl sein würde, wenn ein großer Adler ohne scheu einfach auf einen zu geschritten kommt und den auch noch anfängt zu sprechen. Sehr. Höchst wahrscheinlich würde dieses Tier als übernatürlicher Freak in irgendeine Versuchsstation kommen. Pech nur das hier alle irgendwie Freaks sind. Also sie können Cyder eigentlich nichts. Oder?

Cyder hob mit ein paar Schlägen ab und ließ sich vom wind zu dem jungen tragen. Ohne weiteres setzte Cyder sich auf sein Knie, die Fänge fest um das Bein geschlossen. " stimmt etwas mit mir nicht? Du hast so komisch geschaut."

Neugierig haftete der Blick des Jungen an dem Vogel, der die Überreste seines Mahles auf den Sand fallen ließ und sich anschließend darauf setzte, als wäre es ein Ei, welches er beschützen müsste. Es hatte daher fast den Anschein, als würde er den bereits toten Fisch vor Toco schützen wollen. Aber eigentlich hätte er keinen Grund dazu, denn Fisch war ein Nahrungsprodukt, welches der Rothaarige absolut nicht leiden konnte. Aber für einen Vogel sind Fische ja Hauptbestandteil der Nahrung.

Nach ein paar Sekunden, in denen er den Vogel eigentlich nur angestarrt hatte und nachdachte, richtete dieser seinen Blick auch auf den Siebzehnjährigen. Nach einer kurzer Zeit hob er wieder ab und stieg einige Meter in die Lüfte und ließ sich mithilfe seiner Flügel und des Windes zu Toco tragen. Dieser blickte immer noch stumm in die Ferne, wo der Vogel eben noch gesessen hatte. Die Leere auf seinen Gesichtszügen zeigte deutlich, dass er gerade in so einer Art Tagtraum war und nichts mitbekam. Naja, Tagtraum konnte man es nicht wirklich nennen, schließlich war es Nacht. Erst als der Vogel auf seinen Beinen landete, schreckte er aus seinem Tagtraum hoch. Damit nicht genug, begann der Vogel auch noch mit ihm zu sprechen. „Moment, hast du etwa gerade mit mir gesprochen?! Dieser Ort wird immer skurriler... Andererseits, an diesem Ort würde mich nichts mehr überraschen“,sprach Toco mehr mit sich selbst als diesem Vogel. Nur gut, dass niemand hier war, sonst würde man ihn vermutlich für verrückt halten, denn wer spricht schon mit Vögeln. Erst jetzt fühlte er sich im Stande auf die Frage des für ihn unbekanntem Flugobjekts zu antworten. „Ich weiß nicht, sag du's mir. Rede ich gerade wirklich mit einem Vogel oder werde ich langsam schon verrückt?“, entgegnete er, während sein Blick an den Augen des Vogels haftete. Eigentlich wäre es ganz gut zu wissen, was das denn nun für ein Vogel war, schließlich ist es bestimmt nicht schön einfach nur „Vogel“ genannt zu werden. Vielleicht hatte der unbekannte ja auch einen Namen, aber diese Frage würde sich Toco für später aufheben, sofern ihm sein Gegenüber da nicht zuvorkommen würde.

Doch bevor der Vogel antwortete flog er stumm zurück an den dunklen Himmel, woraufhin Toco mit den Schultern zuckte und aufstand, die Lagune verließ.