Erleichtert kramte ich den Schlüssel aus meiner kleinen Handtasche und schloss die Tür zu meinem Apartment auf. Die Tür schwang leise auf und ich trat endlich, endlich ein. Ich schenkte der wunderbaren Aussicht keine große Beachtung, sondern befreite erstmal meine Füße aus den furchtbar unbequemen Schuhen, die ich heute schon den ganzen Tag trug. Meine Füße dankten es mir auf jeden Fall und mit einem Seufzer zog ich meine Jacke auch aus und hängte sie an den Kleiderständer, der links neben der Tür stand. Meine Tasche schmiss ich auf den Tisch und setzte mich erstmal auf das Bett, um tief durchzuatmen.
Seit heute war Ankunftszeit und allein heute kamen schon jede Menge neuer Schüler an. Das bedeutete viel Stress für die Lehrer und Wissenschaftler. Die Lehrer mussten sich den ganzen Tag in einem stickigen Konferenzraum die Steckbriefe der Neuankömmlinge durchlesen, um sich ein Bild machen zu können, was auf sie zukommen würde. Ich hatte mir nicht viel gemerkt, nur dass es dieses Mal endlich wieder einen Ritter geben würde. Ich hatte bisher erst einen unterrichten dürfen, Rhydiana, ein nettes Mädchen der Tagesklasse. Der neue Ritter war auch ein Mädchen, soweit ich wusste.
Ansonsten das übliche, Dämonen, Tierwesen und Gestaltwandler, sogar ein Engel war dabei gewesen. Die Namen hatte ich mir nicht alle merken können, aber es waren mehrheitlich Mädchen gewesen, die neu auf Glass Dome ankamen. Es kam mir vor, als wäre ich erst gestern eben so ein Mädchen gewesen, voller Spannung und gleichzeitig ängstlich.

Genervt schob ich diesen Gedanken beiseite. Mein Gott, es war ganz schön heiß hier drin! Schwerfällig erhob ich mich und öffnete die Terrassentür und ließ die abendliche Brise hereinwehen. Ich zog meinen Blazer aus und hängte ihn über die Brüstung, dann löste ich meinen Zopf, zog die Haarnadeln heraus und ließ mir den Wind durch die Haare wehen.

Mmmh, das tut gut, dachte ich wohlig und stand einfach eine Weile so da. Der Tag war unglaublich anstrengend gewesen. Die anderen Lehrer hatten stundenlang über richtige Behandlungsmöglichkeiten nachgedacht und sich überlegt, wer mit wem in ein Zimmer kommen würde. Ich war froh, dass ich das hinter mir hatte und morgen erst mal einen freien Tag genießen durfte.

Das Licht der untergehenden Sonne, das durch meine Augenlider drang, holte mich aus meinen Gedanken zurück. Blinzelnd öffnete ich die Augen und drehte mich von der Lichtquelle weg. Schwarze Punkte erschienen in meinem Blickfeld und irritiert zwinkerte ich so lange, bis sie wieder verschwunden waren. Ich ließ meine Schultern rollen und überlegte, was ich mit dem restlichen Abend anfangen sollte, als mein Magen knurrte.
"Das war eindeutig", murmelte ich und schmunzelte. Barfuß tapste ich durch das Wohnzimmer in die kleine Küche. Mit meinen Gedanken öffnete ich die Kühlschranktür und sah hinein. Ja, manchmal war ich ein wenig bequem, aber heute war ein anstrengender Tag gewesen und irgendwie hatte ich das verdient.
Das Ergebnis fiel eher mager aus. Da heute die Konferenz gewesen war, war ich nicht zum einkaufen gekommen, was aber dringend notwendig gewesen wäre. Es war lediglich ein Glas mit zwei Essiggurken, ein Käseaufschnitt und eine Streichwurst zu finden. Eine Flasche Sprudelwasser stand einsam in der Tür herum und in der ganzen Küche war kein Brot zu finden. Allerdings hätte ich auch darauf keine große Lust gehabt, denn mein Mittagessen hatte lediglich aus einem Muffin und zahllosen Kaffees bestanden. Ich hatte Lust auf etwas deftiges, ein Steak oder so.
Seufzend schloss ich den Kühlschrank wieder und schrieb mir einen kleinen Post-it, auf dem in Großbuchstaben "Einkaufen gehen!!" stand. Diesen klebte ich kurzerhand auf die Tür und machte mich daraufhin auf den Weg zu meinem Schrank. Wenn es bei mir nichts zu essen gab, dann musste ich eben irgendwohin gehen, wo es etwas gab. Spontan fiel mir das Steakhouse ein, das nur ein paar Straßen entfernt lag. Ich mochte es dort, es gab echt gutes Essen und irgendwie war das im Moment genau das, auf was ich Hunger hatte.

Stirnrunzelnd stand ich eine Weile vor dem Kleiderschrank, bevor ich mich für eine einfache Jeans und eine schlichte, grüne Bluse mit Kragen entschied. Den Kleiderhaufen nahm ich mit ins Bad, wo ich in auf dem Klodeckel deponierte, denn ich wollte mich noch schnell duschen. Ich fühlte mich klebrig nach dem Tag in dem heißen, stickigen Konferenzraum.

Das kühle Wasser fühlte sich wunderbar auf meiner Haut an und nachdem ich meine Haare gewaschen und mich von dem Schweiß befreit hatte, stieg ich aus der Dusche und trocknete mich schnell ab. Meine Haare föhnte ich kurz, bis zumindest der Ansatz trocken war, denn der Rest würde in der warmen Luft noch schnell genug trocknen. Ich zog mich an und sprühte ein bisschen Parfum auf.
Ich ließ die Terrassentür ein bisschen offen, damit es durchziehen konnte, schnappte mir meine Handtasche wieder vom Tisch und checkte, ob ich auch genug Geld dabeihatte. Es würde schon reichen.

Mit einem letzten Blick zurück, um mich zu vergewissern, dass ich auch nichts vergessen hatte, verließ ich die Wohnung und sperrte die Tür gewissenhaft hinter mir ab.

TBC // Die Stadt // Das Geschäftsviertel // Das Steakhouse