Einleitung
Jeder Mensch hat sie. Jeder hat diese einzigartigen Menschen in seiner Umgebung, die dich von klein auf prägen und sich von klein auf um dich kümmern, ohne dass du etwas dagegen machen kannst. Manche haben einen größeren Einfluss auf dich, andere einen weniger großen, aber im Grunde genommen bist du nicht du selbst, sondern eine Mischung aus ihnen allen zusammen. Oder ist man etwa man selbst, wenn eine Mischung aus all dem ist, was andere auf dich einwirken lassen? Ist ja auch egal. Tatsache ist jedenfalls, dass jeder sie hat, du und ich und all die anderen. Sie können das Gute in dir, aber auch das Böse in dir hervorrufen, dass geht ganz und gar von ihnen aus. So sind es zum Beispiel die, die sich um dich gesorgt haben, dich aber eines Tages verlassen haben, jene, die deine dunkle Seite ans Tageslicht bringen. Du kannst schöne Stunden mit ihnen erlebt haben und auch weniger schöne. Und dann gibt es da noch die, die im Laufe der Zeit erst in dein Leben treten und ihren Teil zu deinen Charaktereigenschaften dazu geben. Es sind meistens diejenigen, von denen du gezwungenermaßen getrennt wirst, ohne es zu wollen. Mit ihnen ist die meiste Zeit ein Segen, wodurch sich deine guten Eigenschaften prägen. Doch wenn du erst von ihnen getrennt wirst, werden deine guten Eigenschaften von den bösen zur Seite gedrängt und ausgelöscht, nur manchmal schaffen sie es dagegen standzuhalten.
Man könnte all das auch mit dem Wort Leben beschreiben.

Mittwoch, 26. Januar 2003
Dunkle Wolken verdeckten den Himmel, versperrten die Sicht der Erde zur Sonne. Einzelne Regentropfen unternahmen eine Reise von Wolke zu Erde, bevor sie dort auf dem schwarzen Asphalt zerplatzten und sich wieder in Form von Pfützen zusammenschlossen. Blitze zischten aus des Donners Groll und man glaubte das Unwetter würde gar kein Ende nehmen. Immer wieder rieben heftige Windstöße aneinander, erzeugten elektrische Spannungen, bis sich ihr Heim, die grauen Gewitterwolken, entluden und weitere Blitze auf die Erde schickten. Bäume wurden enthauptet, Gebäude verletzt; Brände entstanden. Es war als würde New York im Chaos versinken.
Ein recht ungewöhnliches Phänomen: Gewitter und Sturm im kältesten Wintermonat waren eine Seltenheit, man könnte schon fast sagen, dass sie so gut wie nie auftraten. Niemand wusste so genau, warum das passiert war. Wer wäre schon auf die Idee gekommen, dass sich bei diesem Gewitter um eine Ankündigung auf ein Wesen handeln konnte. Ja, ein Wesen, dass solche Kräfte in sich vereinen würde, wie sie an diesem Abend herrschten. Ein Wesen, das jenseits von gut und böse ist. Ein Wesen, dass zu denen gehörte, von denen man nie etwas gehört hatte und die eines Tages einfach so auftauchen würden und in aller Munde sein würden, die Stimmbänder eines jeden Menschen für sich beanspruchen würden. Ja, diese Wesen kannte niemand. Sie waren nicht so wie Vampire, Dämonen, Engel, Magier und Werwölfe, nein, sie waren nicht solche Wesen wie man sie aus Fantasy-Büchern, Filmen oder sonstige kannte; sie waren etwas, für das es in der Wissenschaft keine Erklärung gab und doch würden sie durch die Wissenschaft entstehen.

Mit dem letzten Blitzschlag, der diesen Tag zum letzten Mal in Angst und Schrecken versetzte, ward einer kleiner Junge geboren. Auf seinem Kopf wuchs ein kleines rotes Haarbüschel, der Rest seines Körpers war nackt. Aber das war ja auch nicht ungewöhnlich; viele, oder besser gesagt jedes Kind betritt in solchem Aufzug diesen Planeten. Wen sollte es also wundern, dass dieser kleine Junge so aussah? Genau, keinen. Und zu diesem Zeitpunkt konnte noch keiner ahnen, dass es eines Tages nicht mehr so sein sollte. Denn es war sein Schicksal, dass er eines Tages zu den Wesen gehören sollte, die aus dem Nichts auftauchen und nur böses, nämlich Rache im Sinn hatten. Aber zuvor sollte der Junge ein normales Leben führen können, mit normalen Freunden und einer normalen Familie. Aber wer hätte schon ahnen können, dass es anders kommen würde?

Donnerstag, 27. Januar 2003 bis Sonntag, 10. August 2008
Mit mehr oder weniger großen Augen lag der kleine Junge, denn man „Toco“ genannt hatte in einem kleinen Bettchen, in eine kleinen Raum voller kleiner Bettchen, voller kleiner Babys. Doch damit nicht genug war er umringt mit zwei glücklichen Gesichtern, die seiner Mutter und seines Vaters. Lediglich sein älterer Bruder, der auf dem Arm sein Vaters Platz fand, schaute etwas perplex aus der Wäsche. Ob er wohl damals schon geahnt hatte, dass er ab jetzt nicht mehr die einzige Person war, die nur im Mittelpunkt ihrer Eltern stand? Keiner wusste es und auch keiner konnte es wissen, denn nur Gott allein würde wohl wissen, was im Kopf eines zweijährigen Kindes vorging. Und er selbst würde es wohl auch nicht wissen, denn wer würde sich später schon daran erinnern, was er im Alter von zwei Jahren dachte? Niemand, und genau deshalb kümmerte es auch keinen, denn momentan hatten seine Eltern nur Augen für ihren kleinen Toco.

Tage, Wochen, Monate und Jahre vergingen, bis der kleine Junge, der ja nun schon nicht mehr so klein war, die hohe Kunst des Laufens, Sprechens, Essens, Trinkens und Aufs-Klo-Gehens erlernte. Toco lernte das ganze sozusagen mit Lichtgeschwindigkeit, denn die meisten Kinder brauchen eine Weile, bis sie ihre Grundbedürfnisse ohne jegliche Hilfe oder jeglichen Einfluss ihrer Eltern befriedigen können, aber bei Toco war das etwas anderes. Er war eben doch von Geburt an anders als die meisten Kinder, dass er sich eines Tages aber grundsätzlich von allen anderen unterscheiden würde, ahnte niemand.

Mit der Zeit erreichte Toco ein Alter, in dem er zum ersten Mal emotionale Bindungen eingehen konnte und es gleichzeitig auch mitbekam. Die wohl stärkste Bindung hatte er zu seiner Mutter, die der Kinder wegen nicht arbeite und zuhause war. Naja, was heißt nicht arbeiten, immerhin hatten seine Eltern ein eigenes Labor in ihrem Keller, sie waren ja Wissenschaftler. Jedenfalls, wenn sie beispielsweise im Vormittag einkaufen ging, so nahm sie ihren Toco immer mit, sodass er sie quasi 24 Stunden am Tag sah. Dadurch schwächte sich die Beziehung zu seinem Vater, der ja sowieso mehr auf Tocos Bruder, Dylan, fixiert war, enorm, aber das war nicht weiter schlimm, denn Toco hatte ja immerhin seine Mutter und das reichte ihm. Wenn seine Mutter nun mal jeden Mittag Dylan aus dem Kindergarten abholte, war er auch dabei. Toco und sein Bruder spielten immer den ganzen Nachmittag zuhause mit Bauklötzen, Stofftieren, malten zusammen Bilder und taten eben alles, was Brüder so tun. Auch wenn dabei so manche Streiterei vorprogrammiert war, waren sie die besten Freunde und hatten daher auch eine recht starke Bindung auf emotionaler Ebene.
Nach zwei Jahren erreichte Toco das Alter, in dem man für gewöhnlich in den Kindergarten geht und so war es auch. Leider waren er und sein Bruder nicht in derselben Gruppe, was das Knüpfen von sozialen Kontakten erschwerte oder sogar behinderte, denn meistens saß Toco den ganzen Vormittag über still in einer Ecke, spielte mit Bauklötzen und lebte sein Leben so wie es eben auf ihn zukam. Als es aber für Dylan an der Zeit war das Schulleben zu betreten, fiel es Toco zunehmend schwer in den Kindergarten zu gehen und es löste einige Bänder der Bindung zwischen den beiden. Wer konnte zu diesem Zeitpunkt wissen, dass sich das Band zwischen den beiden schon sehr bald vollkommen auflösen sollte, oder auseinander gerissen werden sollte?

Montag, 11. August 2008
Dieser Tag sollte wie jeder andere auch ein ganz normaler Montag sein. Ein Einstieg in die anstehende Woche, die Sehnsucht nach dem Wochenende und ein weiterer Tag im Kindergarten. Dass sich das Leben des Fünfjährigen an diesem Tag aber so sehr ändern sollte, das hätte keiner erwartet.
Wie an jedem anderen Montag auch stand der Junge auf, aß, trank, zog sich an und putzte sich dementsprechend anschießend die Zähne, bevor seine Mutter ihn in den Kindergarten fahren würde und Dylan in die Schule. Anschließend würde er sich dann dort wieder in die hinterste Ecke verkrümeln, ein kleines Haus aus Lego-Steinen bauen und warten, bis seine Mutter in der Tür stand, ihn auf den Arm nahm und ins Auto trug. Dort setzte sie ihn in seinen Kindersitz, schnallte ihn an, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und machte anschließend die Tür zu. Nachdem letzteres erledigt war, stieg sie selbst ein und fuhr in Richtung Dylans Schule los. Auf dem Weg dorthin war Toco in seinem mehr oder weniger bequemen Kindersitz eingeschlafen und döste gemütlich vor sich hin. Das sollte der letzte Moment sein, in dem er zum letzten Mal der Toco war, der er bis zu diesem Zeitpunkt gewesen ist.

Als er aufwachte lag der Junge auf einer großen Wiese. Seine Arme und Beine waren von Schrammen und Blutergüssen überdeckt, seine Nase blutete nur vor sich hin. Vorsichtig stand der kleine Kerl auf und blickte sich um. Wo war er? Und wo war seine Mutter? In diesem Moment bemerkte er dicht vor sich ein silbernes Auto, mit dem Dach zum Boden hin liegend. Es trotzte nur so vor Flammen und Rauch. Dass es sich dabei um das Auto seiner Mutter handelte konnte er natürlich nicht wissen. Und auch sonst war er viel zu klein und viel zu jung, um all das hier zu verstehen. Wie sollte er auch? Er wusste ja noch nicht mal geschehen war. Und vor allem, er hatte es verschlafen, was an sich schon recht merkwürdig war. Erst jetzt bemerkte Toco seine Mutter, die wenige Meter von ihm im Gras lag. Auch sie wurde aus dem Fahrzeug geschleudert. Panisch lief er zu ihr und rüttelte an ihr. „Mami? Mami, wach auf! Mami!“, ächzte der kleine Junge, aber es hatte keinen Sinn, denn sie kam nicht zu sich. Dass sie noch am atmen war, konnte er ja nicht wissen, schließlich achtet man in dem Alter nicht auf so etwas. Langsam begannen sich Tränen in den violetten Augen Tocos zu bilden und er fing an zu weinen. Dabei stand er auf, suchte seinen Bruder und entdeckte ihn wenig später nahe des Autos. „Dylan! Komm, mit Mami stimmt irgendetwas nicht“, hallte seine piepsige Stimme über die große Fläche, bekam keine Antwort. Stattdessen konnte man die Sirenen vernehmen, die mit jeder Sekunde lauter wurden.

Am Abend saßen Toco und seine Eltern vor dem Kamin. Das Vermischen der Klänge von knacksendem Holz und weinenden Menschen irritierte den Jungen etwas. „Mami, kommt Dylan nicht wieder nachhause?“, fragte er seine Mutter, die links von ihm saß. Doch statt einer Antwort erntete er nur, dass sie ihn in den Arm nahm und noch lauter zu schluchzen begann. „Irgendwann wirst du ihn ganz bestimmt wiedersehen“, mischte sich sein Vater ein. Was hätte er denn auch sonst zu Toco sagen sollen? Der kleine konnte damals noch nicht verstehen, dass er seinen Bruder nie wieder sehen würde und dass er tot war. Ja, Dylan war tot.

Dienstag, 12. August 2008 bis Donnerstag, 20. Dezember 2012
In den folgenden Tage hörte man oft, ob im Fernseher oder im Radio, die bekannten Stimmen der New Yorker Nachrichtensprecher und -sprecherinnen, wie sie folgendes sagten: „Am Nachmittag des 11. Augusts ereignete sich auf dem Highway nach New York ein tragischer Verkehrsunfall. Ein schwarzer PKW kam von seiner Fahrspur ab und fuhr in den Gegenverkehr. Warum der Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte ist noch nicht geklärt. Auf der Gegenfahrbahn kollidierte er mit einem Fahrzeug. Dieses überschlug sich daraufhin und landete in einem Graben. Die Fahrerin des Fahrzeugs und ihr fünfjähriger Sohn überlebten das Unglück mit leichten Verletzungen. Doch gerade als die Sanitäter eintrafen, explodierte das Fahrzeug und der siebenjährige Sohn der Fahrerin, wurde dabei tödlich verletzt und verstarb an den Folgen der Verletzungen. Der Unfallverursacher wurde schwer verletzt, befindet sich aber in stabilem Zustand.“ Als wäre es ohnehin nicht genug, dass er sich das tagtäglich anhören musste, stritten sich seine Eltern jeden Abend, wenn sein Vater nachhause kam. Die ersten Tage nach Dylans Tod waren einfach grauenvoll und man hätte meinen können, dass es sich nie ändern würde.

Die Tage vergingen und es kam die Zeit, an der es an Toco war, in die Elementary School zu gehen. Aber sein Leben wurde nicht besser, im Gegenteil, es wurde schlimmer. Die Tatsache, dass er immer alleine an einem Tisch saß, in den Pausen alleine rumstand, machte ihm schwer zu schaffen. Obendrauf kam dann noch, dass in dieser Zeit die ersten Beleidigungen vielen, von „Außenseiter“ über „Opfer“ bis hin zu „Idiot“. Manchmal war es so schlimm, dass er versucht hatte sich zu weigern in die Schule zu gehen, aber seine Eltern schickten ihn trotzdem immer wieder hin. Sie wussten ja nicht mal, was dort passierte, denn Toco gehörte zu denen, die es einfach in sich reinfraßen und nicht mit ihren Eltern darüber reden wollten. Dies hatte zur Folge, dass sich die Bindung zwischen ihm und seiner Mutter immer mehr schrumpfte, bis sie sich irgendwann völlig fremd waren, so wie Toco und sein Vater. Das einzig erfreuliche war damals, dass er gute Noten heimbrachte. Aber auch das brach mit der Zeit unschönes mit sich, denn dafür erntete er nur eine Beleidigung mehr, nämlich „Streber“.

Vier Jahre lang musste der arme Kerl es unter diesen Bedingungen in der Schule aushalten, bevor er die Middle School besuchte dürfte. Doch in dieser Zeit sich viel verändert: Die Ehe seiner Eltern war den Bach runtergegangen, sein Vater war ausgezogen und Toco lebte nun alleine mit seiner Mutter. Doch das machte es nicht besser, denn nun hatte sie noch weniger Zeit für ihn. Auch mit seinem Vater wurde es nur noch schlechter, zwar holte dieser ihn jeden zweiten Freitag ab, doch daraus wurde schnell einmal im Monat und daraus wurde zweimal im Jahr, an Weihnachten und an seinem Geburtstag. Alles in allem war sein Leben zu der Zeit mehr oder weniger eine Art persönliche Hölle, die maßgeschneidert und für ihn angefertigt wurde. Trotzdem, niemals kam er auf die Idee seinem Leben ein Ende zu setzen, nicht mal den kleinsten Gedanken verschwendete er daran. Denn trotz alledem schaffte er es irgendwie sein Leben zu meistern, auch wenn es nicht das einfachste dieser Welt war.
Was sich nicht geändert hatte, war unter anderem, dass er immer noch derselbe Außenseiter wie vorher war, von den selben Kindern wie vorher beleidigt und geärgert wurde. Auch die Art mit seinen Mitmenschen umzugehen blieb dieselbe; er knüpfte wenig soziale Kontakte und sprach mit niemandem, zumindest nicht freiwillig. Sein Leben hatte sich derzeitig also nur verschlechtert und es schien, als ob eine Verschiebung des Gleichgewichts zugunsten des Guten niemals erfolgen würde.

Eines Abends beziehungsweise am Abend des 20. Dezembers saß Toco in seinem Zimmer an seinem Schreibtisch und zeichnete. Sein Vater war an dem Tag vorbeigekommen, um etwas mit seiner Mutter zu besprechen. Worum es sich dabei genau handelte wusste er nicht, sie hatten es ihm nicht gesagt. Dafür wussten sie aber auch nicht, dass er momentan noch wach war, denn es war bereits nach elf Uhr. Normalerweise sollte der Junge schon um diese Zeit in seinen Träumen leben, aber er konnte an diesem Abend nicht schlafen. Ob es an dem Gerücht lag, dass am kommenden Tage die Welt untergehen sollte? Zugegeben, Toco fürchtete sich schon etwas davor, denn wer so viel grausames in seinem Leben erlebt hat, kommt zwangsläufig darauf, dass es Schlimmes auf diesem Planeten gibt, dass niemand verhindern konnte. Und wenn es so wäre stellte sich die Frage, um wie viel Uhr es passieren sollte. Mitternacht? Zwölf Uhr mittags? Oder wenn die Uhr die letzte Sekunde des Tages schlug? Niemand wusste es so genau, aber trotzdem ging die Angst an allerlei Türen vorbei und infizierte jeden, der auch nur ansatzweise dafür anfällig war.
Die Stunde verging wie im Fluge, als Toco plötzlich merkwürdig Geräusche von unten vernahm. Er konnte sie nicht genau deuten, weshalb er einen Blick auf seinen Wecker warf. Es war 23:59. Sollte die Welt jetzt untergehen?

Freitag, 21. Dezember 2012
Ohne zu zögern, ging Toco zur Treppe, die ins Erdgeschoss führte und ging einige Stufen hinab, bis er von dort aus sehen konnte, was sich unten grauenhaftes abspielte. Was er dort sah konnte der Junge nicht glauben. Sein Vater lag bewusstlos auf dem Boden und seine Mutter kniete in der Mitte des Raumes (na gut also so abnormal ist das nicht). Doch das eigentliche Schlimme war, dass sich ein Mensch, nein besser gesagt ein Wesen vor seiner Mutter befand. Es hatte einen roten Anzug und streckte seine Hände in die Richtung ihres Körpers. Aus diesen Händen kamen Blitze und durchbohrten den Körper seiner Mutter. Sie wurde ermordet. Doch damit nicht genug, musste es vor den Augen ihres neunjährigen Sohnes geschehen.
„Nein!“, schrie er ganz laut und zog somit die Aufmerksamkeit des Wesens auf sich. Doch dieses drehte sich nur zu ihm und sagte mit verzerrter Stimme: „Dein Leben wird sie auch zerstören, denn du bist so wie ich.“ Dann verschwand das Wesen und Toco saß da auf der Treppe, allein, alle hatten sie ihn verlassen und er begann zu weinen.

Es verging einige Stunden bis sein Vater aufwache, zu sich kam und realisierte, was passiert war. Sofort rief er die Polizei und erst als diese eintraf, bemerkte er seinen Sohn der auf der Treppe eingeschlafen war. Hatte er etwa gesehen, wie seine Frau ermordet wurde? Doch er hatte keine Zeit mehr sich all diese Fragen zu stellen, denn für die Polizisten schien der Fall geklärt; es war keine Mordwaffe zu finden, die DNS des Vaters fand man auf Tocos Mutter und dieser hatte als einziger ein Motiv. Er wurde festgenommen und des Mordes an Jane O'Connor angeklagt. Aber Toco konnte nicht zulassen, dass er auch noch seinen Vater verlieren würde, denn dann würde er in ein Heim kommen. Immer wieder sagte er zum Polizisten John West, der den Fall bearbeitet hatte, dass es ein Mann in einem roten Anzug war, aus dessen Hände Blitze kamen, aber John glaubte ihm nicht. Kein Wunder, um diese Zeit glaubte noch niemand an solche paranormalen Dinge. Außerdem war Toco damals erst neun Jahre und so ein neunjähriger Junge konnte in Johns Augen viel erzählen, um seinen Vater vor dem Knast zu retten, für den es eh schon zu spät war.

Aus Mitleid nahm John den kleinen Toco bei sich und seiner Tochter Phoebe auf. Anfangs versuchte er sich dagegen zu wehren, aber es hatte keinen Sinn mehr, denn keiner glaubte ihm seine Geschichte und dachte sein Vater hätte ihn dazu gezwungen solche „Unwahrheiten“ zu erzählen. Doch zum ersten Mal seit seiner Geburt hätte Toco alles dafür getan wieder bei seinem Vater zu sein, aber alles war nun mal nicht genug und mehr als alles gab es nicht, es war also so gesehen eine unmögliche Sache.

Samstag, 22. Dezember 2012 bis Samstag, 11. Februar 2017
Ein Jahr verging und Toco und Phoebe waren mittlerweile beste Freunde. Trotz der Tatsache das Toco immer noch nicht über die Verurteilung seines Vaters hinweggekommen ist, ist in sein Leben wieder der Alltag zurückgekehrt; er ging in die Schule, zusammen mit Phoebe, wohnte bei den beiden und fühlte sich dort wohl. Ja, er hatte diese zwei Menschen richtig lieb gewonnen und sie ihn ebenso. Sie hatten es sogar geschafft aus ihm einen komplett anderen Menschen zu machen. Er verhielt sich gegenüber Fremden viel fairer, hatte zwar trotzdem immer nur Phoebe als Freundin, aber das war auch nicht weiter schlimm, denn er war im Allgemeinen nun ein viel optimistischer Mensch geworden.

Phoebe und Toco gingen gemeinsam auf die „Middle School“, wo sie von der 5. bis zur 8. Klassenstufe gemeinsam in dieselbe Klasse gingen. Sie saßen nebeneinander, arbeiteten in Partnerarbeit immer miteinander und standen immer zu zweit auf dem Pausenhof; auch in der Kantine saßen sie nebeneinander und aßen immer dasselbe. Phoebe tat dem Jungen einfach gut und auch er merkte bald, dass sein Leben ohne sie und ihren Vater viel traurige wäre, als es ohnehin schon war. Und auch wenn er immer noch vergebens versuchte seinen Vater aus dem Gefängnis zu holen, so sah er Phoebe und John mittlerweile auch als seine Familie an. Oft hatte er sich gefragt, wo Phoebes Mutter war, ob sie im Ausland arbeitete, ob sich sie und ihr Mann getrennt hatten oder ob sie auch tot war. Es verging eine Zeit bis er endlich den Mut hatte Phoebe danach zu fragen und sie sagte ihm, dass sie gestorben sei, als Phoebe sieben Jahre alt war. Ihre Mutter war krank gewesen und die Ärzte konnten ihr nicht mehr helfen, weshalb es nur noch eine Frage der Zeit war, wann sie sterben würde. Toco wusste wie Phoebe sich fühlte, schließlich hatte er etwas ähnliches erst vor kurzem selbst durchmachen müssen. Und dieses Verständnis, das zwischen den beiden herrschte, knüpfte ein Band zwischen ihnen, das stärker war, als das zwischen Toco und seiner Mutter oder seinem Bruder. Sie waren eben beste Freunde, hielten immer zusammen und waren füreinander da.

Die Zeit auf der Middle School verging wie im Fluge und Toco merkte bald, dass er mehr für Phoebe empfand, als nur Freundschaft. Dass es ihr genau so ging konnte er natürlich nicht ahnen, wie auch? In der selben Zeit wuchs auch seine Vorliebe für die Wissenschaft, weshalb er immer öfters das Labor besuchte, in dem seine Eltern gearbeitet hatten. Dort erfuhr er, dass die Wissenschaftler dort an einer Maschine arbeiteten, die für den Fortschritt der Erde in jedem Bereich einen großen Sprung machen würde. Diese Maschine nannten sie „Teilchenbeschleuniger“. Sie wollten sie am Abend des 12. Februar 2017 der Welt präsentieren. Für diesen Tag hatte Toco sich vorgenommen mit Phoebe auf einen der Hügel am Rande New Yorks zu gehen und ihr in dem Moment, wenn der Teilchenbeschleuniger zum ersten Mal eingeschaltet wird und der Himmel nur so vor Licht strahlt, zu sagen, dass er sie liebt. Romantisch, nicht? Aber als wäre es nicht Alltag in seinem Leben, musste es ja wieder anders kommen.

Sonntag, 12. Februar 2017
Der Tag verlief nahezu perfekt, denn Toco konnte Phoebe dazu überreden mit ihm abends auf den Hügel zu gehen. Gemeinsam saßen sie im trocknen Gras, starrten in den sternenklaren Himmel und dachten einfach nur nach. Es war schon 21:54 und das bedeutete, dass der Teilchenbeschleuniger in sechs Minuten das erste Mal eingeschaltet werden würde. Toco war ganz schön aufgeregt, denn dafür, dass es an diesem Tag recht milde war, zitterte er als wären es -30°C, doch das lag eben nicht an der Temperatur. „Also, warum sind wir hier?“, fragte Phoebe. Toco warf einen Blick auf seine Armbanduhr, 21:58. „Warte, du wirst es gleich sein“, grinst er und hatte seinen Blick auf das Zentrum New Yorks gerichtet, aber die Menschenmassen versperrten ihm die Sicht zum Teilchenbeschleuniger. Als es 22:04 war, wurde er nervös und kletterte auf einen Strommast, um zu sehen, was dort unten los war. Dass dies für die nächsten vier Monate seine letzte Aktion sein würde, konnte der Vierzehnjährige ja nicht wissen. „Lass das, das ist viel zu gefährlich!“, meinte Phoebe aber Toco entgegnete nur: „Quatsch, außerdem ist es wichtig!“ „Wieso?“ hackte sie nach. Doch der Junge gab keine Antwort, denn erst jetzt hatte er ein gutes Sichtfeld. Anscheinend gab es Startschwierigkeiten bei dem Teilchenbeschleuniger, aber die sollten ja nicht ewig dauern. „Wie ich bereits sagte, du wirst es gleich sehen“, meinte er nur und wollte gerade hinunterklettern, als der Teilchenbeschleuniger inmitten New York explodierte. Die halbe Innenstadt New Yorks wurde weggefegt. Damit nicht genug hatte der Teilchenbeschleuniger Auswirkungen auf das Wetter: Blitze zischten aus allerlei Wolken, die sich mit der Explosion gebildet hatten. Einer davon traf den Strommast, an dem Toco hing. Auch dieser wurde getroffen – am rechten Schulterblatt – und sein Körper fiel brennend vom Strommast hinab. Das Feuer erlosch und sein Korper war unversehrt – ein Meta-Wesen wurde geboren und mit ihm viele andere.

Montag, 13. Februar 2017 bis Mittwoch, 21. Juni 2017
Vier Monate lang lag er dort: in einem Krankenhaus in seinem Krankenbett mit geschlossenen Augen unterwegs im Traumland. Der vierzehnjährige Junge lag im Koma. Beinahe täglich kam Phoebe nach der Schule vorbei und blieb bei ihm in seinem Zimmer, welches die Nummer 261 trug, bis ihr Vater vorbeikam und sie nach der Arbeit abholte. Lediglich die ersten paar Tage hatten sie bei Toco im Zimmer übernachtet, aber nach einer Zeit mussten sie wohl oder übel feststellen, dass das Leben derzeit für die beiden weiterging. Sie verbrachten die Nächte also zuhause, aßen dort und gingen von dort aus zur Schule oder Arbeit. Man könnte sagen, dass sich das Leben für die beiden normalisiert hatte, auch wenn Toco nach wie vor eine Art Winterschlaf hielt. Ob er jemals wieder aufwachen würde, wussten sie nicht, oder anders gesagt die Ärzte wussten es nicht. Aber am wichtigsten war es, dass er überhaupt noch lebte und seine Chancen aufzuwachen nicht ganz so gering waren, wie sie es anfangs waren.
Was er in diesen vier Monaten geträumt hatte – wenn er denn überhaupt geräumt hatte – wusste niemand und er selbst würde es auch nicht wissen. Vermutlich würde er sich nicht mal mehr an das erinnern können, was passiert war, zumindest nicht ohne fremde Hilfe oder ohne dass es ihm jemand sagen würde. Sein Leben bestand momentan also nur aus einem einzigen Rätsel. Schon komisch die Vorstellung, dass man einfach ein Drittel seines Jahres verschläft. Es ist als würde jemand einfach vier Monate deines Lebens auslöschen. Aber glücklicherweise hatte das keinerlei Auswirkungen auf Tocos Schulleben. Schließlich stand die Versetzung in die „High School“ so gut wie vor der Tür. Aber seine Lehrer hatten John und Phoebe versichert, dass er es in die Klassenstufe 9 schaffen würde. Kein Wunder, seine Noten waren nach wie vor noch recht gut, besonders im wissenschaftlichen Bereich rund um Chemie, Physik, Biologie und Mathe. Seine Vorliebe für die Wissenschaft hat er wohl wahrscheinlich von seinen Eltern, wenigstens etwas, dass er von ihnen hatte. Aber auch im Sprachbereich lief alles recht gut; Toco spricht Englisch, Deutsch und Französisch recht gut und kann sich damit auch gut verständigen. Nur die geschichtlichen und geografischen Fächer liefen nicht so gut, ebenso wie Sozialkunde. Da war es gut, dass er sich auf künstlerischer Ebene gut machte. Im Großen und Ganzen sollte das also alles kein Problem darstellen. Man könnte beinahe sagen, dass sein Leben, wenn er jetzt aufwachen würde, sich nicht großartig verändert hatte. Das einzige, was sich verändert hätte, wäre die Tatsache, dass die Innenstadt New Yorks noch nicht wieder komplett aufgebaut war. Doch das sollte ihn nicht kümmern, denn Phoebe, John und er lebten ja am Rande der Großstadt. Eigentlich wäre es fast perfekt, wenn Toco jetzt endlich – nach vier Monaten – aufwachen würde.

Donnerstag, 22. Juni 2017 bis Sonntag, 2. September 2018
Gerade eben noch hatte er dort gelegen; ruhig schlummernd mit friedlichem Gesichtsausdruck und einer Haarsträhne, die direkt vor seinem rechten Auge hing. Eigentlich das Bild eines Engels, nur dass der Junge kein Engel war, nein. Er war etwas vollkommen anderes, etwas, dass bis zum Zeitpunkt des Unfalles nicht existiert hatte, etwas das weitaus machtvoller war, als ein Engel. Doch mit einem Mal war das vorbei. Mit einem Mal, seit vier Monaten, trennten sich seine Augenlider mit einem Schlag voneinander und sein Blick war gen Himmel, der von einer weißen Decke verdeckt wurde, gerichtet. Der Rothaarige brauchte einen Moment, um sich zu fangen. War er tot? Sollte er seiner Mutter und seinem Bruder jetzt schon ins Totenreich folgen? „Naja, ein weißes Kleid, wie passend“, dachte er und blickte sich in dem Raum um. Offensichtlich lag er auf einem Bett, dessen Matratze sich mal nebenbei gesagt anfühlte wie ein Stein. Um ihn herum standen einige merkwürdige Geräte, die auf ihn wie die Geräte eines Krankenhauses wirkte. War er wirklich in einem Krankenhaus? Toco wusste es nicht, wie auch, schließlich lag er vier Monate im Koma. Und das letzte woran er sich erinnern konnte war, dass er Phoebe angeschaut hatte und sich dabei über ihr befand. Aber was er genau über ihr getan hatte und warum er so hoch war, wollte einfach nicht aus der hintersten Ecke seines Hirns raus kriechen. So oder so müsste er wohl darauf warten, dass es ihm jemand erklären würde, denn es sah so als wäre er nicht tot, sondern einfach in einem Krankenhauszimmer. Immer noch leicht verwirrt, suchte er den Knopf, der den Ärzten zeigen würde, dass jemand in sein Zimmer kommen sollte, drückte ihn und wartete.

Eine Woche nachdem er aufgewacht war, durfte Toco wieder nachhause. Phoebe und John war es deutlich anzumerken, wie glücklich sie darüber waren, dass es ihrem „Familienmitglied“ wieder gut ging. In dieser Woche hatte Phoebe ihm jeden Tag nach der Schule davon erzählt, dass der Teilchenbeschleuniger explodiert sei und die halbe Innenstadt New Yorks weg gepustet hatte. Dass er gebrannt hatte, erwähnte sie nicht, denn es klang einfach zu skurril. Alles was sie sagte war, dass er auf einen Strommast geklettert war und dort von einem Blitz getroffen wurde und hinunter geklettert sei. Toco konnte kaum fassen, dass er von einem Blitz getroffen wurde, mehr noch es überlebt hatte. Aber das war ihm auch egal, Hauptsache er lebte noch und mehr interessierte ihn nicht. Denn auch wenn er seine Mutter und seinen Bruder gerne einmal wiedersehen würde, war er trotzdem nicht unbedingt scharf darauf jetzt schon zu sterben. Wäre das geschehen, würde man vermutlich glauben, dass seine Familie verflucht war. Aber der Junge gehörte zu denen Menschen, denen es egal war, was andere von ihnen dachten. Sollen sie nur, die meisten haben doch sowieso ein getrübtes Urteilsvermögen und die Intelligenz eines Sandkornes; da konnte man auch drauf scheißen, was sie von einem dachten.

Zwei weitere Wochen vergingen und Toco hatte von seinem Arzt, Dr. Roberts, wieder die Erlaubnis bekommen in die Schule zu entgehen. Als er sich an diesem morgen anzog, entdeckte er zum ersten Mal die blitzförmige Narbe auf seinem Schulterblatt. Woher die wohl kam? Vermutlich von dem Blitzschlag, aber dass sie die Form eines Blitzes hatte war schon recht merkwürdig. Trotzdem entschied er sich dazu John und Phoebe nichts davon zu erzählen und es war ja auch nicht weiter wichtig, schließlich hatte er lieber eine kleine Narbe, als nur einen Arm oder nur ein Bein.
Auf dem Weg zur Schule war er schon recht aufgeregt und sein Bauch machte ihm das auch in herzlichster Art deutlich. Sicherlich würde ihn all seine Mitschüler mit Fragen löchern, wie einen schweizer Käse. Es würde ihn zwar nicht sonderlich stören, da er vermutlich doch mehr aufgeregt war sie alle zu sehen, denn in der Middle School hatte er zum ersten Mal das Gefühl so richtig zu sein wie er ist. Ob das wohl alles von Phoebe ausging oder sie ihn wirklich mochten, wer wusste das schon? Doch das interessierte ihn jetzt nicht, denn auch er freute sich wieder darauf in die Schule zu gehen, merkwürdig nicht? Vermutlich fühlte er sich einfach viel wohler, jetzt da er nicht von allen beleidigt wurde und auch noch eine beste Freundin hatte. Leider hatte er aufgrund des Komas vergessen, was er sie für empfunden hatte, aber wahrscheinlich war es am besten so, denn wie sich herausstellte, hatte sie jetzt einen Freund. Glücklicherweise ging er nicht auf dieselbe Schule wie die beiden, denn sonst würde er vermutlich dauernd bei ihnen rumhängen und würde Toco damit wahrscheinlich nur auf die Nerven gehen, auch wenn er mittlerweile nur Freundschaft für Phoebe empfand.

Die letzten Tage auf der Middle School fielen dem Jungen schwer, denn nun würden sich seine Wege und die seiner Mitschüler trennen und sich zudem wahrscheinlich nie wieder kreuzen. Glücklicherweise würden er und Phoebe auf dieselbe High School gehen, was ihm etwas Trost spendete. Und als eben der Tag gekommen war, an dem er sich von allen verabschieden musste, machte sich wieder einmal das Gefühl des Verlustes in ihm breit und sorgte dafür, dass er die ersten paar Wochen der Sommerpause über nur Trübsal blies. Und als hätte er es nicht schon ahnen können, würde sich sein Leben auf der High School wieder einmal drastisch verändern – und das zum schlechten.

Es war soweit; der erste Tag auf der letzten schulischen Einrichtung, die er besuchen würde, war gekommen. An diesem Morgen ging er zusammen mit Phoebe aus dem Haus und gemeinsam gingen sie zu Fuß zu dem in einem leicht bläulichen Ton angestrichenen Gebäude, welches sie nun vier Jahre lang, fünfmal die Woche besuchen würden. Am Eingang und in den Fluren, in denen sich die Spinde befanden, war ganz schön was los und alles was dort passierte wurde nur von hektischem Treiben bestimmt. In den Eingangshallen war eine Tafel aufgestellt, an der man ablesen konnte, welche Schüler welcher Klassen zu welchem Raum mussten. „Klasse 9b in Raum 103“, las Phoebe vor und sie machten sich gemeinsam daran den Raum zu finden. Leichter gesagt als getan, denn das hier war der reinste Irrgarten. Aber schließlich fanden sie doch noch den Raum, neben dem ein kleines Schild mit der Aufschrift „103, 9b, Miss Gordon“ befand. Unwissend was sie erwarten würde, betraten die Vierzehnjährige den Raum. Alle Plätze waren besetzt nur die zwei direkt vor dem Pult waren noch frei. Kein Wunder! Wer setzte sich schon freiwillig vor den Lehrer? Wohl oder übel mussten sich Toco und Phoebe diese Plätze sichern. Erst jetzt hatten sie Zeit sich umzuschauen. In den hintersten Ecke saßen einige Jungs, die missgünstig den Rothaarigen und die Brünette anblickten. Die dritte Reihe war eine pure Mädchenreihe, die angezogen waren wie...naja, ihr wisst schon was ich meine. Sie kauten Kaugummi und wenn man sie mal so beobachtete, hatte man den Eindruck, als wären sie wiederkäuende Kühe. In der zweiten Reihe saßen zwei Jungen und zwei Mädchen, die sich angestrengt zu unterhalten schienen. Und außer Toco und Phoebe saßen in der ersten Reihe noch zwei Mädchen, die sich ebenfalls unterhielten. „Wo sind wir denn hier gelandet?“ „Keine Ahnung, aber es ist nicht das, was ich erwartet habe...“ „Dito“, entgegnete Toco. Um sich weiter zu unterhalten, hatten die beiden aber keine Zeit, denn augenblicklich ertönte ein schrilles Geräusch und eine Frau kam in den Raum. Sie hatte hellbraune Haare, die zu einem Dutt zusammengebunden waren. Außerdem trug sie eine Brille, hatte eine spitze Nase, schmale Lippen und einen eher großmütterlichen Kleidungsstil. „Sieht aus wie die Gardinen, die im Haus meiner Oma hängen“, hörte man eine aus der dritten Reihe über Miss Gordons Rock und ihre Bluse witzeln. „Ja, Miss Gordon, der Gardinengeist“, entgegnete ihre Sitznachbarin daraufhin. Glücklicherweise hatte die recht große Frau das überhört – glaubte man zumindest – und legte stattdessen ihre Tasche auf den Tisch und rückte ihre Brille zurecht. „Guten Morgen, ich bin Miss Gordon, eure Klassenlehrerin für die nächsten zwei Schuljahre...“, begann sie und stellte sich der Klasse vor. Anschließend erwartete sie dies von den Schülern.
Der erste Tag verlief recht gut und Toco war überrascht, dass es weder eine Schlägerei oder sonstige Strapazen gegeben hatte. Ob es für immer so bleiben würde?

Zwei Monate vergingen und Toco hatte sich bisher weder mit seinen Mitschülern unterhalten, noch mit ihnen zu tun gehabt, was sie ihn nicht sonderlich störte, im Gegenteil er fand es sogar gut. Dass sich sein Leben an diesem Tag aber ändern würde, das konnte er nicht ahnen. Denn nun, neun Monate nach dem Unfall, waren seine Fähigkeiten so weit ausgereift, dass sie sich schon sehr bald zeigen würden.
An diesem Tag gingen Toco und Phoebe in der Mittagspause zu ihren Spinden, um die Bücher zu nehmen, die sie für ihre AGs brauchten. „Ich gehe noch gerade aufs Klo“, meinte Toco. „Okay, ich warte draußen.“ Gerade als Toco um die Ecke bog, kamen ihm die Jungs aus seiner Klasse entgegen. Der, der vorne ging, hieß Liam. Er hatte blonde Haare, ein blasses Gesicht und gehörte nicht zu den schwächsten in seiner Klasse. „Na, Rotschopf. So ganz alleine?“, fragte er spöttisch. Toco wusste es. Jetzt würde es passieren. Das eine Ereignis, weshalb er nie wieder auf diese Schule gehen wollen würde. Oder sollte er sich etwa gegen vier Mann wehren können? „Was willst du?“ „Was ich will? Ist doch klar. Ich will dir die Fresse polieren und zwar so, dass sie mehr glänzen wird, als der Boden hier, nachdem du ihn sorgfältig abgeleckt hast, stimmt's Jungs?“ Diese gaben ihm einstimmig recht. Aber Toco wusste, dass sie alle nicht gute Läufer waren, er hingegen schon. „Die Frage ist nur, ob du mich vorher zufassen kommst“, rief er ihm schon im Laufen zu. Irgendwie machte ihn diese ganze Sache wütend. Ja sie machte ihn so wütend, dass seine Haare Feuer fingen. „What the fuck“, entfuhr es ihm nur, als er merkte was passierte. Ohne jeglichen Gedanken an Liam zu verschwenden, versteckte er sich auf den Toiletten und hörte, wie sie daran vorbeiliefen. Trotzdem, sein Puls hatte sich immer noch nicht gesenkt, im Gegenteil, er war angestiegen und sein Kopf kochte wortwörtlich vor Wut. Ein, zwei Sekunden verstrichen, bis er ganz in Flammen stand. „Zum Teufel was passiert mit mir?!?“ Toco bemerkte, dass ihm das Feuer gar nicht wehtat, sondern seiner Haut gut tat, es war sogar angenehm. War das gerade wirklich geschehen, hatte er wirklich besondere Fähigkeiten bekommen? Anders konnte sich der Junge das jedenfalls nicht erklären.
Nach einer Weile, als der Junge sich beruhigt hatte, erlosch das Feuer und er stand da – nackt. Seine Klamotten waren mit abgebrannt. „Oh verdammt“, gab er von sich, als er die Blöße bemerkte. Gott sei Dank, dass er sich auf den Toiletten befand und aufgrund des Sportunterrichts ein T-Shirt und eine kurze Hose dabei hatte. Sofort zog sich der Junge um, verließ die Toiletten und ging seine AG, als sei nie etwas passiert. Seine Blase hingegen musste sich wohl erst davon erholen, denn aufs Klo musste er nun nicht mehr.
Viele Menschen würden vermutlich ausflippen, wenn ihnen das widerfahren wäre, aber er fand es einfach cool. Trotzdem wollte er es vor allen geheim halten, selbst vor Phoebe und John.

Im Laufe des Jahres entdeckte Toco, dass er auch Kräfte, basierend auf Elektrizität besaß. Er lernte auch diese wenigstens so zu beherrschen, dass er sich gegen Liam und seine Freunde zur Wehr setzen konnte, ohne sich körperlich viel anzustrengen. Und je mehr er darüber nachdachte, desto mehr Fragen kamen ihm in den Sinn. Es war offensichtlich, dass ihm die Explosion des Teilchenbeschleunigers solche Kräfte verliehen hatte. Er hörte sich bei den Wissenschaftlern, die ihn gebaut hatten um und erfuhr, dass seine Mutter erstmals an diesem Gerät gearbeitet hatte und es erfunden hatte. Sie trug also die Schuld für das was ihm passiert war. Jetzt ergab alles einen Sinn! Bei der Explosion mussten wohl mehrere solche Kräfte erhalten haben. Und zwar war der Mörder seiner Mutter einer von ihnen. Doch wie konnte er sie töten, wenn es zu diesem Zeitpunkt noch keine solche Wesen gab. Die einzige Möglichkeit bestand darin, dass er aus der Zukunft gekommen sein musste, um zu verhindern, dass er diese Kräfte bekam. Aber anscheinend waren seine Bemühungen umsonst, denn es war trotzdem geschehen. Tocos Mutter war umsonst gestorben.

Montag, 3. September 2018 bis Donnerstag, 23. April 2020
Ein neues Schuljahr stand an, doch die Leere, die sich auf Tocos Gesicht breitmachte, als sein Wecker das zweite Jahr auf der High School einläutete, zeigte ganz genau, wie sehr er sich auf dieses Schuljahr freute. Mit einem leicht verschlafenen „Guten Morgen“ grüßte er seinen Ziehvater. Dieser antwortete ihm dasselbe, nur dass er viel munterer war. Kein Wunder, er hatte seinen Kaffee ja schon getrunken, aber bei dem Fünfzehnjährigen sah das noch etwas anders aus. Als könnte er die Gedanken des Jungen lesen fragte John: „Kaffee?“ „Ist das so offensichtlich?“, entgegnete Toco mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen. Aber John lachte nur daraufhin, während er in seiner Zeitung laß; ein Zeichen für den Jungen, dass es stimmte. Er musste sich doch schon etwas wundern, dafür dass seine Tochter die nächsten drei – und damit auch die letzten – Schuljahre über in einem Internat sein würde, war John äußerst gut gelaunt. „Vermisst du sie gar nicht?“ „Doch, schon, aber gleichzeitig freue ich mich auch für sie, sie wollte es ja unbedingt.“ „Da hast du auch mal wieder recht“, entgegnete Toco und biss herzhaft in das Brötchen, welches auf seinem Teller platz fand.
„Aber du vermisst sie.“ Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage von John. „Warum bin ich heute nur so leicht zu durchschauen?“, kicherte er und musste feststellen, dass sich auch seine Laune auf dem Weg der Besserung befand.

Doch als er an der High School ankam war es, als würde sie wie ein kaputtes Flugzeug abstürzen. Allein die Tatsache, dass er nach drei Monaten Sommerpause wieder diese Mauern betreten musste, jagte ihm Angst ein. Und damit nicht genug, denn wie sollte er es ohne Phoebe hier aushalten? All die Prügel, die er in der Pause manchmal hat einstecken müssen und all die Demütigung. Sicherlich war er stark genug um sich zu wehren, aber wenn es mehrere Angreifer waren sah das schon etwas anders aus. Da war es nur von Vorteil, wenn er Liam und seinen Freunden einen Stromschlag verpassen konnte, ohne dass sie wussten wie ihnen geschah. Das Problem war nur, dass es sie meistens noch mehr anspornte ihn kalt zu machen, zumindest beim nächsten Mal, denn wenn er ihnen einen Stromschlag gab, waren sie meistens so lange außer gefecht gesetzt, dass er gerade so abhauen konnte. Allerdings war das nicht sonderlich lang, nur die Tatsache, dass er so gut laufen kann, gab ihren Rest dazu.
Aber für heute schien Toco Glück zu haben, denn als er den Klassenraum betrat, war Liam nicht da und erschien auch bis zum Klingeln nicht. Nur seine Freunde saßen in der hinteren rechten Ecke und unterhielten sich, wie sonst auch. Eine Minute nach dem Klingeln kam Miss Gordon durch die Tür hinein, die Klassenlehrerin, die sie auch schon letztes Jahr hatten; sie hatte eine Schülerin bei sich, vermutlich eine Neue. „Das ist Vanessa. Sie ist aus Kalifornien hierher gezogen und besucht ab heute unsere Klasse.“ Dann wandte sie sich zu Vanessa: „Setz dich dort hin, neben Toco.“ Und als wäre Miss Gordon ihre Mutter gehorchte sie ihr. Aber Toco konnte nur innerlich den Kopf schütteln. Für ihn war es klar, dass sie Phoebes Platz beziehen würde. Es war, als wäre sie quasi ein Ersatz für Phoebe, aber Phoebe konnte man nun mal nicht ersetzen, denn sie war seine beste Freundin und niemand, nicht mal diese Vanessa, war so wie sie.
Die ersten Unterrichtsstunden blickte sie mehrmals zu ihrem linkem und einzigem Sitznachbarn und lächelte ihn an. Toco hingegen lächelte mehr aus Anstand, als aus Freude, herüber. Also wenn die neue Freunde suchte, war sie bei Toco an der falschen Adresse. Für ihn gab es als beste Freundin nur Phoebe und dazu musste man mal sagen, dass sie bisher seine einzige richtig gute Freundin war, von Freunden ganz zu schweigen.
Im großen und ganzen konnte man sagen, dass dieser erste Schultag doch recht gut verlaufen war: Toco musste seine Kräfte kein einziges Mal benutzen und Liam war auch nicht da gewesen. Aber was er bis dahin noch nicht ahnte; dieses und das nächste Schuljahr würden nicht immer so gut verlaufen.

Die ersten Monate ohne seine beste Freundin waren schwer für den Jungen, aber ändern konnte er es nicht. Jetzt war sein Leben wieder so, wie vor einigen Jahren, er stand in der Pause alleine rum, war der Außenseiter und hatte wieder einmal keine Freunde. Dass er das nicht mehr lange mitmachen würde, war für Toco selbstverständlich, weshalb er sich dazu entschloss etwas zu tun, dass irgendwann seine Konsequenzen mit sich bringen würde. Für Toco war es ausnahmsweise mal nicht schwer eine neue Freundin zu finden, denn eben so wie er, stand auch Vanessa alleine in den Pausen rum. Er hatte sich also dazu entschlossen, sich in der Pause mal zu ihr zu stellen, um zu sehen, ob sie wirklich Zeug zu einer guten Freundin hatte. Sich mit ihr anzufreunden war aber auch nicht schwer, denn sie mochte ihn, zumindest glaubte er das, denn sie lächelte ihn im Unterricht nahezu durchgehend an und folgte ihm auch recht oft, wenn er nachhause ging. Aber war Sympathie wirklich der Grund?

Das zehnte Schuljahr verging so schnell wie es da war und am Ende waren Toco und Vanessa echt gute Freunde geworden. Und sie brachte einen echten Vorteil mit sich: Anscheinend war Liam scharf auf sie und hörte daher auf Toco anzugreifen, da er wusste, dass dieser und Vanessa befreundet waren. Eigentlich ein Grund mehr es zu tun, aber dann würde Vanessa ihn vermutlich hassen. Was Toco nicht ahnte: Ihr Vater war Wissenschaftler. Aber er war nicht irgendein x-beliebiger Wissenschaftler, er war Wissenschaftler in Glass Dome. Er hatte seine Tochter nach Amerika geschickt um dort Wesen zu finden, die er in Glass Dome untersuchen könnte. Leider hatte er seiner Tochter eine Apparatur gebastelt die vibriert, sobald ein paranormales Wesen in der Nähe ist. So konnte sie sich auch ganz sicher sein, dass Toco eines war. Zwar wusste sie nicht, welche Kräfte er hatte, aber das spielte auch keine Rolle, Hauptsache sie war an ihrem ersten Tag fündig geworden. Toco hingegen bemerkte nichts von ihrer kleinen Intrige und hielt sie für eine echt gute Freundin, aber das sollte sich bald ändern.

Freitag, 24. April 2020
Wie so oft auch sollte dieser Tag in Tocos Augen ein ganz normaler werden. Man könnte sich eigentlich wundern, warum er nicht an jedem Tag dachte „Heute passiert irgendetwas“ so oft wie es ihm schon widerfahren war. Aber auch dieser Tag, der das Wochenende einläutete, begann wie sonst jeder andere auch. Ein mehr oder weniger angeregtes Gespräch mit John am Frühstückstisch und die Fahrt zur High School. Auch der Unterricht verlief wie sonst, aber an diesem Tag war Vanessa zum ersten Mal seit anderthalb Jahren nicht da. Toco wusste, dass dort etwas nicht stimmen könnte. Hätte er doch bloß auf sein Gefühl gehört...

Vanessa hat am Vorabend ihren Vater angerufen und ihm von Toco erzählt und ihm ein Bild von dem Jungen geschickt. Ihr Vater meinte daraufhin: „Okay, ich werde mich darum kümmern.“ Warum Vanessa ihm nicht vorher von ihrem Freund erzählt hatte, fragst du dich sicher? Eine berechtigte Frage, vermutlich hatte sie ihn einfach wirklich sehr gern, doch das würde jetzt auch nichts mehr ändern.

Als Toco gerade auf dem Heimweg war, hielt ein schwarzer SUV mit schwarz getönten Scheiben hinter ihm an. Alles woran sich Toco noch erinnern konnte, war dass ihm jemand von hinten den Mund mit der Hand zugehalten hatte und ihm ein Schlag auf den Kopf gegeben hatte. Wer es war und warum dieser jemand es getan hatte, wusste er nicht. Aber das würde er mit Sicherheit schon sehr bald erfahren.

Toco wachte auf. Sein Schädel brummte, weshalb er sich diesen als allererstes rieb, nachdem er sich aufgesetzt hatte. Er hatte auf einer Holzbank gelegen und auch sonst war der Raum, indem er sich befand aus Holz, selbst die Türe. Sein verwirrter Blick schwirrte im Zimmer umher. Es hatte ein winziges rundes Fenster, dass mit einer Metallkappe umrandet war. Der Siebzehnjährige wagte einen Blick aus dem Fenster und konnte nicht fassen, was er dort sah. Er war umgeben von Wasser! Überall! Offensichtlich befand er sich auf einem Schiff! Doch noch ehe er das ganze verdauen konnte, öffnete sich die Tür und zwei Männer traten herein – zwei, die für Vanessas Vater arbeiteten. „Wer sind Sie? Und was wollen Sie von mir?“ Doch für diese Fragen erntete er nur einen weiteren Schlag auf den Kopf und sackte vor denen zwei Männern. Es war mitten in der Nacht, als das Schiff an Glass Dome anlegte und man den immer noch bewusstlosen Rothaarigen zu Dr. Larsen, Vanessas Vater, bachte.

Derweil in New York
Nachdem Toco am Abend nicht zuhause war und auf Johns unzählige WhatsApp Nachrichten und SMS nicht reagierte, schrillten bei dem Polizisten sämtliche Alarmglocken. Sofort setzte er alle Hebel in Bewegung um den Jungen zu finden. Doch nach einigen Stunden schien das nicht mehr nötig, denn Vanessa klingelte an der Haustür des Polizisten und erzählte ihm alles, auch von Tocos Kräften, Glass Dome und dem was dort mit Menschen wie Toco passiert. Erst jetzt begriff John, dass wenn dies alles stimmte, auch das stimmte, was Toco ihm über den Mörder seiner Mutter erzählt hatte. Vanessa bat John es geheim zu halten, aber sie versprach ihm, dass sie ihm helfen würde Toco zu finden. Anscheinend hatte sie doch etwas für ihn übrig, aber bei ihm würde sich das sehr bald ändern. Das einizge Problem war, dass niemand, selbst Vanessa, nicht wusste wo Glass Dome liegt.

Samstag, 25. April 2020 bis heute
Als Toco an diesem Tag aufwachte, erwartete Dr. Larsen ihn bereits. Ohne dass Toco jegliche Fragen stellen konnte, klärte Vanessas Vater den Jungen auf. Und erst jetzt verstand der Junge, was der Mörder seiner Mutter gemeint hatte; er gehört zu denjenigen, die auch hier in Glass Dome gefangen gehalten werden und deren Leben dadurch zerstört wurde. Das bedeutete, dass der Mörder seiner Mutter sich hier auf dieser Insel befand und von hier aus in das Jahr 2012 gereist war, um sie zu töten, schließlich war sie es, die bis zu ihrem Tod am Teilchenbeschleuniger gearbeitet hatte und überhaupt erst dafür gesorgt hatte, dass solche Wesen wie Toco irgendwann „geboren“ werden würden. Er setzte es sich zur Aufgabe ihn zu finden, sollte er sich hier befinden.
Aber jetzt, jetzt musste er sich erst einmal hier in dieser ihm völlig fremden Welt zurecht finden, er musste lernen zu überleben und sich den Menschen hier anpassen, denn diese Welt war genau das Spiegelbild von seiner eigenen; überall Wesen, die paranormale Kräfte besaßen und unter ihnen einige Menschen. Es war eine komplett neue Welt für ihn und wenn er nicht lernen würden sich hier zurecht zu finden, dann wäre es bald aus und vorbei mit ihm, denn wer hält schon Stand gegen Wesen, die es gewohnt waren hier zu leben, die sich hier auskannten und die ihre Kräfte beinahe perfekt beherrschen? Niemand, und Toco, der ja sowieso auf sozialer Ebene leicht instabil war, würde das alles hier nicht mehr lange mitmachen. Es war ungewohnt für den Siebzehnjährigen so zu Leben wie es hier der Fall war; umringt von paranormalen Wesen, missbraucht als ein Objekt zu Forschungszwecken und letztendlich, dass es auch hier Schüler gab, zu denen er gehörte. Alles was er tun konnte, um an diesem seltsamen Ort zu überleben, war es zu hoffen, dass man ihn irgendwann hier in Glass Dome finden würde und ihn von diesem grauenhaften Leben befreien würde, wenn er nicht zu Grunde gehen wollte. Denn gerade die Wesen, die man hier an jeder Ecke fand, waren diejenigen, die das Gute in ihm zur Seite drängten und ihn jenseits von gut und böse beeinflussten. Nur die Menschen, die hier lebten beeinflussten ihn hinsichtlich des guten und schafften ein Gleichgewicht, auch wenn dieses Gleichgewicht mehr als alles andere war, was ihm helfen würde. Aber eines stand fest: lange würde er nicht mehr zwischen gut und böse hin und her pendeln können, denn mit der Zeit begann es ihn innerlich fertig zu machen und zu zerreißen. Ob er jemals wieder eine der beiden Seiten erreichen wird...?

Wenn du wissen willst, ob Toco von John und Vanessa gerettet werden kann und ob er jemals den Mörder seiner Mutter findet und zur Strecke bringt, schlage ich vor, dass du Toco auf seinen Abenteuern in Glass Dome begleitest, denn was er dort erleben wird, wird garantiert nicht nur ihn faszinieren, nein, dich wird es auch in seinen Bann ziehen und du wirst es nie wieder loswerden. Nie wieder.